Eine spannende Space-Opera-Kurzgeschichte mit personifizierten Objekten in einer alternativen Welt.
Klappentext
Das Wurmloch Achim will die Herrschaft in allen Dimensionen. Eine fehlt ihm noch. Die, in der diese vielen, aufmüpfigen Löcher der Erde wohnen. Aber wer sollte schon auf die Idee kommen, einem winzigen, nutzlosen Sockenloch zu folgen?
Die Reaktion in der Zwischendimension fällt nicht zu Achims Zufriedenheit aus. Besonders die Baugrube Benjamin hat ganz eigene Vorstellungen davon, welche Qualitäten ein Loch als Anführer braucht.
Ein atemberaubendes Abenteuer mit ungewöhnlichen Charakteren. Wer wird am Ende den Titel des Anführers und des perfekten Loches erhalten?
Eine spannende Space-Opera-Kurzgeschichte mit personifizierten Objekten in einer alternativen Welt.
Leseprobe
Die heißen Ionen der Sonne strichen bei ihrem Flug durch das All über Achims ausgefranste Kanten. Er räkelte sich genüsslich darin und franste die Kanten dabei weiter aus. Er ließ die Enden sich weiter in die Leere um sich herum ausdehnen. So konnte er noch mehr Materie verschlingen. Schließlich fielen die heißen Ionen in das lichtlose Innere des Wurmloches hinein und verschwanden aus dieser Dimension.
Achim räkelte sich genüsslich und wuchs ein wenig weiter. Wie immer, wenn er neue Materie aufnahm. Es war ein langsamer Prozess. Doch über die Jahrmillionen war er zu einem stattlichen Wurmloch herangewachsen.
»Ich sollte endlich auch in dieser Dimension zum Anführer aller Löcher ernannt werden«, dachte Achim, während die Hitze durch seinen gewundenen, nach innen und außen gestülpten, mit unzähligen Sackgassen ausgekleideten Tunnel fiel, taumelte und sich an den Wänden anstieß, bevor sie durch eine der, gleichfalls ausgefransten Kanten an einer von Achims anderen Seiten in einer anderen Dimension wieder entkam.
»Es wird Zeit, die nächste Versammlung einzuberufen! Meine Größe und Gefährlichkeit muss gewürdigt und anerkannt werden.«
Achim sandte seine Gedanken mit der Aufforderung sich zu versammeln in die Weiten des Alls hinaus. Hin zu den Sternen, hin zu den Planeten, Steinen und Staubkörnern, welche darum kreisten.
Achim hatte Ambitionen, die vor keiner Dimension Halt machten. Er wollte das größte Wurmloch und der Herrscher aller Löcher sein, die überhaupt existierten.
***
Die Baugrube Benjamin mit ihren lotrechten Wänden sonnte sich im warmen Sommersonnenmittagslicht. Kein Regenwurm hatte sich seit Beginn der Bauarbeiten auch nur getraut, seinen Kopf aus der Erdwand zu strecken und die Gleichmäßigkeit zu zerstören. Eine Tatsache, auf die Benjamin sehr stolz war.
Die Bauarbeiter hatten im Augenblick Mittagspause. Die Bagger, welche Benjamin nachher weiter ausheben und vertiefen würde, schwiegen ebenfalls. Über der Baustelle waren das Kreischen von Maschinen, das Poltern von Steinen und das Rattern von Motoren verhallt. Der Gestank der Abgase und der Qualm der unzähligen Zigaretten hatten sich gleichfalls verzogen. Nur der nie verschwindende, durchdringende Geruch von Urin aus den Plumpsklos hing an einer Ecke des Geländes reglos in der windstillen Luft.
Benjamin bewunderte seine perfekt glatten Wände und freute sich daran, wie die Sonne die Erde austrocknete, härter und stabiler machte. Bald würde in Benjamin ein wunderbares, aus Glas und Stahlbeton bestehendes Hochhaus errichtet werden. Ein Glaspalast der Technik. Ein Wunder der menschlichen Baukunst und eine immerwährende Erinnerung an Benjamin, die tiefer und tiefer werdende Baugrube, in welcher dieser Wolkenkratzer stehen würde.
»Diese Bagger sind ein Wunderwerk der Technik«, sagte Benjamin zu sich selbst. »Je mehr diese Menschen von diesen Maschinen erfinden, umso ästhetischer und ansprechender werde ich als Baugrube.«
Mit einem leisen Schaudern, dass ein paar Erdbrocken von der Kante herab bröckeln ließen, erinnerte Benjamin sich an die unförmigen, mit Schaufeln und Stöcken ausgegrabenen Baugruben der ersten Häuser. Sie hatten nur vage an eine rechteckige oder runde Form erinnert.
Heute dagegen war er endlich perfekt, um nicht zu sagen komplett quadratisch. Es war an der Zeit, dass die anderen Löcher seine Ästhetik zur Norm erklären und alle zu senkrechten, quadratischen Löchern wurden.
Ehe Benjamin seinen Gedanken in einen Aufruf zur allgemeinen Versammlung fassen und verschicken konnte, erreichte ihn der Aufruf, sich alle zu versammeln, von Achim.
»Was will dieses ausgefranste Alien hier befehlen?«, schnaubte Benjamin und grummelte.
Davon stürzte eine Seite seiner Wand halb herunter. Er rülpste die Staubwolke hinauf in den blauen Himmel, der danach gelb und trüb wirkte.
Hastig atmete Benjamin langsam ein und aus.
Seine Perfektion!
Dieser Achim hatte seine Perfektion zerstört! Dafür würde er bezahlen!
Mit mühsam beherrschter Wut, um nicht weitere Wände zum Einsturz zu bringen, schickte Benjamin seine eigene Nachricht an alle Löcher, und ganz besonders an die vielen Löcher auf der Erde. Er war sich sicher, die vielen Löcher auf der Erde würden seine Überlegenheit erkennen und ihre Stimmen für ihn abgeben.
***
Catherine genoss die kühlenden, alles mit sich reißenden, braunen Schlammlawinen, welche an ihren schiefen Hängen herunterrannen, rollten und donnerten. Der lange Regen während des Monsuns hatte die Erde derart aufgeweicht, dass nicht einmal die tiefen Wurzeln der Urwaldriesen und die flachen, breiten Netzwurzeln der kleineren Bäume dazwischen sie festhalten konnten.
Prasselnd fiel der warme Regen auf sie hernieder und vergrößerte sie jeden Tag mehr. Die Wassertropfen massierten die Hänge, lösten die Erde und glitten mit Erde, Samen, Wurzeln und ganzen Bäumen in die Tiefe hinunter. Dort mischte sich alles zu einem großen, tiefen See. Der Schlamm, die Erde und die entwurzelten Bäume – alles stürzte Tag für Tag in den Schlammlawinen an ihren Wänden in ihre Tiefe.
Bald, das wusste Catherine, würden die Regengüsse für Monate aufhören und sie würde in der unbarmherzigen Sonne austrocknen und rissig werden. Sie genoss den Regen, solange er anhielt, und nutzte die Gelegenheit, ihre Fläche zu vergrößern. Sie würde die Trockenzeit überdauern. Solange, bis der nächste Monsun herbeikam, sie mit Regen füllte und ihr dabei half, sich weiter zu vergrößern.
Catherine bewunderte den See, der sich gebildet hatte, nachdem sich der Schlamm am Grunde ihres Loches abgesetzt hatte.
»An alle Löcher!«, hörte Catherine eine fremde Stimme hallen. »Versammelt euch. Wir wollen einen Anführer in dieser Dimension bestimmen.«
Sie spürte der Stimme nach. Sie kam aus dem All und war von einem dieser arroganten, alles verschlingenden Wurmlöcher verschickt worden. Es hatte sich noch nicht einmal vorgestellt in der Nachricht.
Catherine war stolz darauf, dass sie nur Erde, Steine und Pflanzen in ihrem Loch sammelte. Käfer, Tiere, oder Menschen verscheuchte sie mit grollenden Erdstößen von ihren Rändern. Aber diese Wurmlöcher, arrogant und eingebildet, wie sie waren, schreckten vor nichts zurück und verschlangen alles. Sogar die Sonne selbst!
»Der Versammlungsort wird auf dem Boden der Erde sein«, folgte eine weitere Stimme, die weniger fremd und trotzdem unbekannt klang. »Ich bin Benjamin, die quadratische Baugrube mit den lotrechten Wänden. Meine Ästhetik ist viel wichtiger als Sonnenstrahlen zu verschlucken.«
Catherine prustete los.
Der See am Grunde ihres Loches schlug Wellen. Sie schwappten hoch und höher.
Das Wasser gurgelte und sie konnte sich vor Lachen nicht mehr halten.
Eine Baugrube.
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