Eine atemberaubende Fantasy-Kurzgeschichte mit Drachengestaltwandlern in der Gegenwart.
Klappentext
Ansgar braucht Geld für seine Nichten und Neffen. Junge Drachengestaltwandler zu erziehen, ist teuer und für seine verwitwete Schwester unerschwinglich. Ganz besonders in der Menschenwelt.
Ein neuer Auftrag kommt genau richtig. Nur ist die Aufgabe falsch. Schlösser abbrennen, Menschen in Angst und Schrecken versetzen, Königskinder entführen und gefangen halten – alles steht auf Ansgars Preisliste. Alles. Außer Mord.
Der Auftraggeber fordert Mord. Er hat dafür Ansgars Nichten und Neffen entführt. Jetzt bleibt Ansgar nur noch eine Wahl. Oder?
Eine atemberaubende Fantasy-Kurzgeschichte mit Drachengestaltwandlern in der Gegenwart.
Leseprobe
Das gruselige Bild der leergeräumten Schatzkammer vor Ansgars Augen hinderte ihn daran, den Termin abzusagen.
Seine Schatzkammer war so leergeräumt, nicht einmal ein Hauch von Goldstaub war noch darin zu finden. Nur nackte, graue Felsen. Ansgar unterdrückte das Schaudern, welches ihn bei der Erinnerung daran überkam. Er musste sich beherrschen und professionell handeln. Mit etwas Glück musste er nur ein paar Leute erschrecken und ein oder zwei Burgen niederbrennen, um für die nächsten Jahre seine Ruhe zu haben und den Unterhalt seiner Nichten und Neffen zu sichern.
Leider brachte sein Job in der Restaurantküche der Menschen zu wenig ein. So, wie es schon immer gewesen war. Nur für seine Familie betrieb er seinen Drachenservice der professionellen Bestechlichkeit.
Wieder wanderten Ansgars Gedanken zu seiner Schatzkammer aus nacktem Felsgestein.
Auf keinen Fall durfte irgendjemand davon erfahren, wie schlecht es um seinen Schatz bestellt war, sonst würde er seine Preisliste nicht durchsetzen können. Außerdem würden die anderen Drachen Recht behalten, die ähnliche Geschäfte bereits vor Jahrzehnten aufgegeben hatten.
Ansgar streckte sich auf dem langen, glatten Stein aus, den er in seinem Felsenwohnzimmer als Sofa für seine Drachenform aufgestellt hatte. Seine Schuppen schabten darüber und schliffen ihn weiter ab. So, wie sie es seit Jahrhunderten taten. Bedauerlicherweise musste er heute wieder schmierige Menschen darin empfangen.
Es klopfte dumpf an der Felswand. Durch das System von Tunneln konnte Ansgar das Echo gut hören. Es wurde auf seinem Weg so oft hin und hergeworfen, dass es einem Donnergrollen glich, als es Ansgars Ohren erreichte.
Es war Zeit, die Verhandlung zu beginnen!
Ansgar dachte einen Moment an seine süßen Nichten und Neffen. Die kleinen Drachen brauchten Kleidung, Essen und später einen Schatz als Mitgift. Eine Mitgift, wie er sie selbst von seinen Eltern nicht bekommen hatte.
Ansgar schnippte mit den scharfen Krallen seiner Vorderpfote. Drachenmagie war ein Segen. Ein paar Funken stoben von seinen Krallen und flogen blinkend in Richtung Höhlengang. Die Magie würde den Besucher hereinführen.
Ansgar schaute wieder auf das Bild seiner Nichten und Neffen. Blanca, die Älteste, mit dem eleganten Schwung ihrer Rückenschuppen, würde bald ihre Mitgift benötigen. Sie war so groß geworden, seit sie aus dem Ei geschlüpft war. Harper, der Jüngste, wartete darauf, dass er am Wochenende zum Basteln vorbeikommen durfte. Es war bald Winter. Sie könnten zusammen Schneedrachen basteln.
Schwere Schritte stampften durch den Felsengang. Das Echo wurde immer lauter und überlagerter. Wie ein ganzes Gewitter kam der Mensch näher, statt wie andere Kunden möglichst leise auf Zehenspitzen hereinzuschleichen. Dieser Mensch fürchtete sich offensichtlich nicht vor ihm.
Ansgar richtete sich auf und stellte seine Flügel weit genug auf, um größer und bedrohlicher zu wirken. Das war eine seiner bewährten Verhandlungstaktiken. Mach dem Menschen Angst, der dich beauftragt, dann hält er sich an die Preisliste und ist froh, wieder verschwinden zu können.
Er warf einen prüfenden Blick an die Höhlenwand neben dem Tunnel zum Höhleneingang. Ja, die in den Felsen geritzte Preisliste war noch immer gut lesbar.
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