Drachenlachen – Flammen und Fauchen (Leseprobe: Menschliche Architekten)

Heute gibt es die Leseprobe aus „Menschliche Architekten“. Das Titelbild wie der Drache seinen Schatz inspiziert regt gleich neue Ideen an.

Zwei Kurzgeschichten von mir, „Grinadines erster Schatz“ und „Menschliche Architekten“ sind im Machandelverlag veröffentlicht worden. Sie sind in den beiden Anthologien „Drachenlachen – Frech und fröhlich“ und „Drachenlachen – Flammen und Fauchen“.

Drachenlachen - Frech und fröhlich
Drachenlachen – Frech und fröhlich
Drachenlachen - Flammen und Fauchen
Drachenlachen – Flammen und Fauchen

Pünktlich zur abgesagten Leipziger Buchmesse hat der Machandelverlag zwei neue Anthologien mit Drachengeschichten herausgebracht.

Ich liebe Drachengeschichten und schreibe gerne selbst welche. Umso mehr freue ich mich, dass meine beiden Geschichten in guter Gesellschaft mit vielen anderen Drachen in gedruckter Form im Machandel Verlag erscheinen.

Den Anfang der Geschichte „Menschliche Architekten“ kennen manche Leser bereits aus der Anthologie Luftschlossfundament. Nikola ist hat ihren Abschluss in mystischer Architektur und ist auf Arbeitssuche. Doch kaum hat sie die begehrte Stelle gefunden verkompliziert sich alles. Wie? Das steht in „Drachenlachen – Flammen und Fauchen“.

Anthologie 2: Drachenlachen – Flammen und Fauchen

Drachenlachen - Flammen und Fauchen
Drachenlachen – Flammen und Fauchen

Klappentext:

Flammen und Fauchen sind ihre Spezialität, Schätze ihre Leidenschaft, Prinzessinnen ihre Leibspeise. Allerdings versteht ein Drache unter einem Schatz nicht immer dasselbe wie ein Mensch, und was die Prinzessinnen angeht – mal ehrlich, eine saftige junge Kuh schmeckt viel besser!

Dennoch sollte ein Mensch, der sich einem Drachen nähert, lieber vorsichtig sein. Gegen meterlange Drachenkrallen haben selbst die besten Schwerter keine Chance, und was den Verstand der Drachen angeht, der ist noch schärfer und tückischer als ihre Krallen!

Leseprobe von „Menschliche Architekten“:

Nikola Irsay spürte das dicke Papier zwischen ihren Fingern:

Ihre Abschlussurkunde in Architektur, mit Auszeichnung als Jahrgangsbeste. Und dass, obwohl sie sich als Einzige ihres Jahrgangs im Fach mystische Bauten spezialisiert hatte.

Sie lächelte und hielt die Urkunde für das Abschlussfoto ein Stückchen höher.

Nikola liebte die verwunschenen Bauten der Vergangenheit. Irgendwann, so hoffte sie, würde sie selbst ein magisches Schloss oder wenigstens ein Haus mit mystischen Eigenschaften bauen.

Die Freude tanzte in ihrem Bauch wie der warme Frühlingswind durch einen luftigen Säulengang.

Ihre Fingerspitzen berührten den Rand der geprägten, erhabenen, goldenen Buchstaben. In ihrem nächsten Entwurf würde sie minimale Erhebungen in der Fassade einplanen.

Subtil.

So, dass ein Beobachter stehen bleiben, sich wundern und staunen würde.

Nikola spielte gerne mit den feinen Nuancen und den großen Effekten. Wenn sie eine Innenwand um wenige Zentimeter verschob, veränderte sich das Raumgefühl: Saal oder Gefängniszelle waren nur Millimeter auseinander.

Diese Urkunde war der Anfang ihre Lebens.

Nikola atmete den stickigen Geruch schwitzender Menschen und zu vieler verschiedener Parfums ein.

Sie freute sich, endlich die muffigen Grenzen der Übungsaufgaben zu verlassen. Sie hatte sich lange genug die Finger blutig gezeichnet, Stunden in der Bibliothek recherchiert für die Profanbauten, die die Städte verschandelten. Keine neuen Ideen waren erlaubt, nur Altes wiederkäuen. Lernen hieß das.

Ihre Abschlussarbeit, ein Modell von einem Schloss auf einem hohen Berg, mit Türmen die sich zu Brücken formten und Säulengängen, die dem Schloss eine neue Leichtigkeit gaben, hatte den Preis für die beste Abschlussarbeit des Jahrgangs gewonnen. Die Stunden mit Leim, Laubsäge und Meißel in der Werkstatt hatten sich gelohnt.

Nikolas schwarze Hose zwickte um ihre fülligen Oberschenkel. Sie hasste diese offiziellen Auftritte. Ihre weiße Bluse klebte klamm auf ihrer Haut. Die Hitze im Raum ließ ihre Wangen glühen. Ihr Blick fiel auf die mit Pflanzen verstellten Fenster. Am liebsten hätte sie die Augen verdreht. Aber wer wusste schon, wann der Fotograf auf den Auslöser drückte? Hoffentlich wirkte das Makeup. Sie hatte es nur gekauft, um auf dem Foto nicht wie eine Tomate mit braunen Haaren auszusehen.

Die engen Schuhe mit den spindeldürren Absätzen zerquetschten ihre Zehen. Ihre flachen Schuhe warteten an ihrem Platz auf sie, zusammen mit dem Brief in ihrer Handtasche.

Die besten zehn Prozent jedes Jahrgangs bekamen, als Anerkennung ihrer Leistungen, eine Liste mit vorvereinbarten Bewerbungsgesprächen bei Unternehmen, die sich so die vielversprechendsten Absolventen sicherten. Das war auch gut so. Sie hatte bei all den Prüfungen gar nicht die Zeit gehabt, Bewerbungen zu verschicken.

Ab morgen musste sie selbst ihren Lebensunterhalt verdienen. Mit dem Erhalt der Abschlussurkunde endete auch ihr Stipendium.

Sie war sparsam gewesen während ihres Studiums. Wenn sie weiter sparsam war, sich auf Nudeln mit Pesto und saisonales Obst und Gemüse konzentrierte, würde sie einen Monat oder zwei Zeit haben. Schlimmstenfalls würde sie auf die ihr verhassten Ramen umsteigen.

Nikola dachte an den fruchtigen Geschmack von Tomatenpesto. Sie liebte auch die kleine, scharfe Nuance von Basilikum darin.

Der Kamerablitz unterbrach Nikolas Gedanken.

*

Draußen vor dem hässlichen, grauen, denkmalgeschützten Sechzigerjahrebau riss Nikola den Umschlag mit den Bewerbungsterminen auf.

Sie saß auf dem Waschbeton der obersten Treppenstufe. Die Treppe führte vom Eingang der Universität über mehrere Terrassen hinunter zur Straße.

Nikola schüttelte sich. So ein graues, langweiliges Gebäude würde sie niemals freiwillig entwerfen. Lieber hungerte sie.

Auf den Terrassen und Treppen verliefen sich die in dunklen Anzügen steckenden Absolventen. Dazwischen sah sie vereinzelt hellere Farben. Jüngere Studenten, die sich noch nicht an die Kleiderordnung halten mussten.

Nikola faltete den Brief auf. Wen hatte ihre Portfoliomappe wohl alles begeistern können? Sorgfältig strich sie das dicke Papier glatt. Ein Schauer lief über ihren Rücken. Der Wind fühlte sich auf ihrer nass geschwitzten Kleidung kalt an, obwohl es ein heißer Sommertag zur Mittagszeit war.

Sehr geehrte Frau Irsay, leider konnten wir für Sie nur einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch vereinbaren. Ihre exotische Spezialisierung schreckt leider die meisten Architekturbüros ab.

Nikola rang nach Luft. Ihre Finger zitterten. Sie spürte, wie unter ihr der Boden nachgab, sie in der Luft schweben ließ für den kurzen Moment den es brauchte, bevor auch ihr Körper der Schwerkraft folgen und fallen würde. Ihr war eisig kalt.

Mit einer Hand tastete sie nach Halt. Die Treppenstufe war an Ort und Stelle. Welch ein Hohn, nachdem dieser Brief alles zerstörte, wofür sie gelernt, auf Schlaf verzichtet, gearbeitet hatte.

So schrecklich war ihre Spezialisierung auf mystische Bauten doch nicht! Sie könnte natürlich auch Profanbauten entwerfen. Hervorragende sogar. Aber sie wollte mystische Bauten erschaffen.

Die Firma Meiring freut sich darauf Sie am 13.4. um 16 Uhr kennenzulernen.

Das war heute! Nikola griff nach ihrer Handtasche. Sie lächelte, als sie in ihren flachen Schuhen die Treppe hinunterrannte. Sie würde dieses Bewerbungsgespräch erfolgreich bestehen.

Das Buch gibt es im Buchhandel und direkt beim Machandel Verlag: http://www.machandel-verlag.de/

Zur Leseprobe aus „Drachenlachen – Frech und fröhlich„.

Psst: Im Laufe des Jahres wird im Machandelverlag noch eine Katzengeschichte von mir erscheinen.