Eine vorweihnachtliche Kurzgeschichte.
Inhaltsverzeichnis

Klappentext
Octavia die Elfe, getarnt als Mensch, studiert Geschichte. An der Menschenuniversität.
Ihre WG-Mitbewohnerin, 100% Mensch, heult seit zwei Stunden und hat den Rekord von Octavias Schwester gebrochen. Erstaunlich und beeindruckend!
Wie kann Octavia sie aufmuntern?
Eine Elfe, die eine Regel übertritt, zu viel redet und am liebsten vor großem Publikum spielt. Eine Physikstudentin, die Lampenfieber hat. Wer steht am Ende auf der Bühne?
Eine vorweihnachtliche Kurzgeschichte.
Leseprobe
Octavia stand nicht.
Octavia schwebte nicht.
Octavia lehnte halb am Türrahmen, über den am Boden liegenden, nicht so genau identifizierbaren, Haufen hinweggelehnt. Ihre Füße waren an den Gelenken überschlagen. Ihre Arme unter der Brust gekreuzt, sodass diese unter ihrem Rollkragenpullover nach oben geschoben wurde. Nicht sehr vorteilhaft, das wusste sie, weil sie das bereits vor dem Spiegel in ihrem WG-Zimmer ausprobiert. Dafür hatte sie sich das Teil gekauft: Um bei geschlossener Tür ihre Figur und das Zusammenspiel mit verschiedenen Haltungen zu betrachten. So konnte sie sich immer vorteilhaft in Szene setzen. Wenn es sein musste. Vorteilhaft war jetzt unwichtig.
Wichtiger war das Häuflein Elend, das vor ihr saß, die Arme auf der Tischplatte verschränkt, sodass Maus und Tastatur vor dem Computerbildschirm schräg zur Seite geschoben wurden. Den Kopf in den Armen vergraben, sodass die schwarzen Locken wie ein Vorhang darüber fielen. Schultern, die vom Schluchzen zuckten. Ein Schluchzen, das in Octavias Ohren schmerzte.
Bisher hatte sie Christine noch nicht entlocken können, was los war.
Der Bildschirm zeigte, soweit sie das von der Türe erkennen konnte, ein Mailprogramm an. Schlechte Nachrichten waren wohl nicht das Problem. Die Frage hatte Christine bereits mit einem aufschluchzenden Nein beantwortet und dann noch heftiger geschnieft.
Octavia überlegte. Sie könnte in das Zimmer gehen, riskieren irgendetwas an dieser Unordnung aus Kleidern, Tellern, Büchern und wer weiß, was noch alles am Boden lag, noch weiter in Unordnung bringen. Dabei würde sie natürlich auch in Christines Zimmer eindringen, ungefragt und unerlaubt. Eine unsichtbare Grenze, die zu überschreiten sie als WG-Regel einander verboten hatten.
Oder, sie könnte umdrehen, ihren Wintermantel aus ihrem Zimmer holen und einen schönen, langen Spaziergang machen. Vielleicht über den Weihnachtsmarkt. Dort duftete es nachmittags bereits nach süßen, gebrannten Mandeln. Nach fettigem Fleisch und heißem Glühwein. Außerdem lachten alle Besucher. Jeder war fröhlich.
Christine schluchzte auf und es klang wie »was mache ich nur?«.
Octavia blieb, wo sie war. Auch, wenn diese schräg angelehnte Haltung über das Chaos im Türrahmen hinweg langsam unbequem wurde. Das Holz drückte gegen ihre angelehnte Schulter und ihre Knöchel lagen unangenehm Knochen auf Knochen. Auch ihr Nacken knickte blöd ab. Sie wollte sich strecken und lachen. Nicht Trübsal blasen. Aber wenn sie nichts unternahm, würde Christine nach inzwischen zwei Stunden verzweifeltem Weinen, bestimmt nochmal zwei Stunden anhängen.
Sie hätte nie gedacht, dass jemand so lange heulen konnte. Zumindest nicht, ohne Pause zu machen, etwas zu trinken und dann wieder weiterzumachen. Das Spiel mit der Pause kannte sie gut von ihrer jüngeren Schwester. Deren Rekord im Dauerheulen lag bei vierunddreißig Minuten und sechzehn Sekunden.
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