»Wenn du alle Brote aus dem Ofen holst, darfst du eines davon essen«, sagte der Mann und lächelte Manuel an, dass er wohlig erschauderte.

Klappentext
Manuel spinnt Flachs. Seine Stiefschwester lenkt ihn ab. Der Faden reißt. Die Spindel fällt zu Boden.
Zur Strafe muss er Wasser vom Brunnen holen.
Ein Weg, den Manuel oft gegangen ist, und der heute sein Leben verändert.
Eine märchenhafte, homoromantische Variation von »Frau Holle«.
Leseprobe
Manuel spann Flachs mit der hellbraunen Holzspindel, die, wie alles hier, seiner Stiefmutter gehörte. Der Ofen in der Ecke der Stube, mit den handgemalten Kacheln seiner Großeltern. Die Eckbank und der Tisch mit den geschnitzten Mustern seines Vaters. Alles gehörte, seit sein Vater nicht mehr im Haus war, seiner Stiefmutter, einer hübschen Frau, die alle anderen Frauen im Dorf an Schönheit übertraf, und seiner Stiefschwester Elwira, die hässliche Narben im ganzen Gesicht hatte. Ein Mädchen, dass er niemals freiwillig umwerben würde. Trotzdem saß sie jetzt ihm gegenüber, kämmte sich die verfilzten Haare, in Vorbereitung für das Weihnachtsfest, und erwartete, dass er sie bewundernd anschaute. Sobald er das täte, würde ihre Mutter hereinkommen und ihn in die kalte Winterluft hinausjagen. Schließlich hatte ihre Tochter etwas Besseres verdient, als ihn, Manuel, den Sohn des Leinenwebers.
Das Rohmaterial für den Faden rutschte durch Manuels Finger, bis er nichts mehr dazwischen spürte. Er hatte zu sehr nach Elwira geschaut, die die Bürste durch ihre Haare riss, als ginge es darum eine wilde Horde Schafe zu kämmen. Dabei jammerte sie und brüllte vor Schmerz, als würde sie über einem Feuer geröstet oder auf das Rad gebunden werden.
Die Spindel zwischen seinen Händen hüpfte und fiel klappernd zu Boden.
Er hatte vergessen mehr Material aus dem Stock zu ziehen, der an seiner Schulter lehnte und an dessen oberen Ende fein säuberlich das Spinnmaterial aufgesetzt war.
»Du fauler Lump. Kannst nur starren und keine Arbeit zur Zufriedenheit erledigen«, schimpfte Elwira und knallte ihre Bürste auf den Tisch. »MAMA!«
Manuel bückte sich nach der Spindel, krabbelte unter die Eckbank, unter die sie gerollt war.
Die alte Holztüre ächzte, als seine Stiefmutter sie aufschlug. Krachend knallte sie gegen die Wand dahinter, schwang zurück und schlug ihr ins Gesicht. Wütendes Brüllen folgte.
Am liebsten wäre Manuel unter der Bank geblieben. Hätte sich versteckt und unsichtbar gemacht. Irgendwann musste sein Vater doch aus der Stadt zurückkommen, wohin er gegangen war, um den Leinenstoff zu verkaufen. »Du wirst sehen, dieses Jahr feiern wir ein reichliches Weihnachtsfest. Der Stoff wird sich gut verkaufen«, hatte sein Vater zum Abschied gesagt. Das war jetzt drei Wochen her. Drei lange Wochen. Die Reise in die Stadt dauerte zwei Tage zu Fuß, vier mit dem Handkarren auf dem die Stoffe festgebunden worden waren. Hoffentlich ging es seinem Vater gut und er brauchte nur länger als gedacht, um alles zu verkaufen.
Manuel tastete nach der Spindel, bis er den dünnen Stab mit dem darum gewickelten Garn fand. Er ergriff sie und krabbelte rückwärts unter der Bank hervor. Irgendwann musste er sich der Stiefmutter stellen, sofort war so gut wie später. Sie fluchte und schimpfte irgendwo in der Stube herum.
Er war halb unter der Bank hervorgekrabbelt, da traf ihn schmerzhaft ein Gürtel quer über seinen Hintern.
Manuel biss in seine Lippe, dass er metallisch sein Blut schmeckte.
»Nutzloser Schuft. Was fällt dir ein Elwira, meinen Augenstern, mein Liebstes im Leben, zu belästigen!«, schimpfte seine Stiefmutter.
Manuel krabbelte schnell hervor und drückte sich an der Bank vorbei neben das kleine Fenster mit den Spitzenvorhängen seiner Mutter. Wie schade, dass sie nicht mehr lebte und sich um ihn sorgen konnte. Er schluckte seine Tränen und das Blut in seinem Mund herunter und schaute seiner Stiefmutter ins Gesicht. Sein Po brannte. Sie hatte einen harten Schlag und viel Kraft in ihren dicken Armen.
»Scher dich zum Brunnen und hol Wasser für Elwiras Bad«, befahl seine Stiefmutter. »Sie soll schließlich nicht so stinken wie du, wenn sie zum Weihnachtsfest in die Kirche geht.«
Manuel schaute kurz zu Elwira hinüber die mit einem Engelslächeln der Unschuld am Tisch saß und so tat als bürste sie ihre Haare. Immer die oberste Schicht, in der kein Filz mehr war. Schön über die Unordnung darunter. Wer sich nur einmal im Jahr wusch, stank natürlich. Ein Geruch, den er nur noch roch, wenn er von draußen hereinkam. Er selbst wusch sich mindestens einmal die Woche am Fluss. Egal wie kalt das Wasser im Winter war.
Er schaute zurück zu seiner Stiefmutter, die den Gürtel immer noch in der Hand hielt, jetzt aber verträumt zu ihrer Tochter schaute.
***
Manuel nutzte die Gelegenheit und rannte zur Türe hinaus, bevor die Stiefmutter den Gürtel nochmals benutzte. Sein Rücken schmerzte von den blauen Flecken, die von der letzten Prügelstrafe am vergangenen Sonntag noch übrig waren. Die Spindel hielt er weiter in der Hand. Niemals würde er Elwira den Hof machen. Mädchen waren Geschöpfe des Teufels. Besser er hielt sich an die Männer und trat irgendwann in die Zunft der Leinenweber ein. Sicher konnte er einen Sohn adoptieren. Viele Weber hatten zu viele Kinder und waren froh, wenn eines weniger zu füttern war.
Er rannte den Flur hinunter über die glatt gelaufenen Dielenbretter. Vor der Haustüre lief er ein bisschen langsamer, über die festgetrampelte Erde, aus der hier und da spitze Steine herausragten. Barfuß daraufzutreten tat weh und kalt wie es in diesem Winter war, konnte er sich den Fuß aufreißen. Das war das Letzte, was er brauchte, mit der bösen Stiefmutter Zuhause, die ihn sicher trotzdem zur Arbeit prügeln würde.
Manuel hob den Wassereimer auf, der neben dem Gartentor auf der Steinmauer stand und ging schnell zum Brunnen in der Dorfmitte. Dazu musste er bergauf gehen und schwitzte trotz seines Hemdes ohne Jacke, als er am Brunnen ankam. Er rieb sich die Stirn mit einem Ärmel trocken. Dann sah er in den Brunnen hinunter.
Das Wasser war eingefroren. Die Sonne stand noch tief und der Morgen war noch jung. Offenbar war noch niemand sonst hier gewesen. Damit musste er in den engen Brunnen hinabsteigen und das Eis aufbrechen. Sicher war es nur dünn, schließlich war der Brunnen gestern ohne Eis gewesen.
Er steckte die Spindel in die hintere Hosentasche, steig in den Fördereimer und ließ sich am Seil hinab bis zur Eisfläche. Eigentlich sollte er jemand zweites holen. Zur Sicherheit. Aber nachdem Jan ihm gestern unsittliches Betragen vorgeworfen hatte, wollte er seinen besten Freund nicht holen. Dabei hatte er Jan nur einen kleinen Kuss geben wollen, um einmal auszuprobieren, wie sich das anfühlte. Irgendwie war ihm Jan lieber gewesen, als eines der Mädchen, die sonst zum Brunnen kamen.
Die Winde quietschte. Vermutlich auch eingefroren.
Das raue Seil rieb mit spitzen Enden über seine Handflächen, bis sie brannten.
Als er mit dem Fördereimer auf der Eisfläche stand und er noch ein bisschen Seil nachgab, passierte nichts. Das Eis war so dick, dass es sein Gewicht trug. Selbst daraufstampfen änderte nichts. Das Eis blieb hart und ganz. Und er hatte kein Beil dabei es zu zerschlagen.
Vielleicht konnte ihm die Spindel helfen?
Er zog sie aus der Hosentasche. Die Enden liefen spitz zu und das Holz war hart.
Probehalber schlug er mit wenig Kraft auf die Eisfläche vor sich. Ein paar Splitter flogen zur Seite. Er wollte weiter ausholen und schlug mit der Faust an die gemauerte Brunnenwand. Es war zu eng für viel Kraft. Also machte er mit kleinen Bewegungen weiter.
Mit einer Hand hielt er das Seil des Eimers fest, mit der anderen hakte er Löcher in die Eisfläche. Viele kleine Löcher rund um seinen Eimer, durch die kaltes Wasser nach oben spritzte. Als er endlich einmal im Kreis herum war, stellte er sich mit einem Fuß in den Eimer, mit dem anderen trat er auf die Eisfläche. Hoffentlich brach sie jetzt durch.
Manuel hob den Fuß, trat zu und das Eis krachte in Schollen zur Seite.
***
Der Eimer ruckte hinunter ins Wasser. Sein Bein trat ins Leere. Alles wackelte und er griff mit beiden Händen nach dem Seil, an dem er sich im Eimer heruntergelassen hatte.
Mit einem leisen Platsch fiel die Spindel ins Wasser und versank zwischen zwei Eisschollen.
Manuel starrte auf die Stelle.
Alles wackelte.
Aber er konnte nicht ohne die Spindel zurückkommen.
Er holte tief Luft, trat mit dem zweiten Fuß ins Wasser und ließ das Seil los.
Eisiges Wasser drang durch Hemd und Hose und auf seine Haut. Zitternd drehte er sich und tauchte. Strampelte mit den Füßen, zog sich mit den Händen, an den hervorstehende Steinen der Brunnenmauer, nach unten. Er konnte nichts sehen, aber den Boden hatte er noch nicht erreicht. So tief konnte der Brunnen nicht sein. Sicher erreichte er gleich den Grund, redete er sich selbst ein, obwohl er lieber wieder aufgetaucht wäre, um Luft zu holen. Gleich würde er umdrehen müssen. Nur noch eine Armlänge weiter. Er brauchte die Spindel wieder.
Manuel griff nach dem nächsten Stein. Obwohl er nichts sehen konnte im Wasser, schien es als ob alles um ihn herum plötzlich leuchtete. War das immer so beim Tauchen, oder starb er gerade, fragte er sich, bevor er die Luft nicht mehr anhalten konnte und eisiges Wasser einatmete.
***
Ende der Leseprobe zu »Eine Schneeflocke zum Verlieben«.
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